Transparente müssen weg
Der Streit über eine Umgehungsstraße in Mittelstreu bewegt die Gemüter:
Die Auseinandersetzung über eine mögliche Umgehungsstraße in Mittelstreu hat
inzwischen eine Heftigkeit erreicht, die einige Fragen aufwirft. Warum ist in
den 14 Jahren seit der Grenzöffnung, die zur Zunahme des Durchgangsverkehrs
geführt hat, eigentlich nichts geschehen - außer einigen unausgereiften
Überlegungen der Gemeinde?
Die Verhältnisse haben sich seitdem doch nicht wesentlich verändert. Warum wird
plötzlich so viel Druck gemacht, wo doch die Fertigstellung der Autobahn in
greifbarer Nähe ist? Sie wird doch die ersehnte Entlastung bringen, so dass die
Bundesstraße sogar zu einer Staatsstraße herabgestuft werden soll. Die seltenen
Fälle, dass der Verkehr wegen einer Sperrung der Autobahn durch das Streutal
umgeleitet wird, rechtfertigt den gegenwärtigen Aktionismus wohl nicht.
Schließlich ist eine neue Straße auch sehr teuer. Ist das Geld überhaupt
vorhanden? Wo doch Staat und Gemeinden lautstark über leere Kassen klagen.
Konkrete Zahlen wurden vom Bürgermeister in der Bürgerversammlung nicht genannt.
Trotzdem haben die Anwohner natürlich das Recht, sich für eine Umgehungsstraße
einzusetzen. Das gleiche Recht haben auch die Gegner, ihre Bedenken und
Vorbehalte zu äußern. Gegen eine sachliche Auseinandersetzung hierüber wäre
nichts zu sagen. Was nicht akzeptiert werden kann, sind jedoch die Methoden, mit
denen die Befürworter einer Umgehungsstraße Stimmung machen und ihre Anliegen
durchsetzen wollen. Anders Denkende werden als "Querulanten" tituliert, obwohl
sie nichts anderes getan haben, als in einem gesetzlich vorgeschriebenen
Anhörungsverfahren ihre sachlichen Einwände vorzubringen.
Die Bürgerinitiative "Pro Entlastungsstraße" wird vom Bürgermeister mit Daten
und Dokumenten aus eben diesem Anhörungsverfahren versorgt, was nicht nur den
Datenschutz berührt, sondern überhaupt die Frage der Rechtsstaatlichkeit des
Verfahrens aufwirft. Dieser Vorgang sollte dienst- und strafrechtlich noch
geklärt werden. Am schlimmsten und ganz unerträglich empfinde ich es jedoch, wie
eine einzelne Bürgerin der Gemeinde öffentlich unter Druck gesetzt wird, die
nichts anderes tut, als ihre Argumente couragiert und nachhaltig zu vertreten.
Das ist ihr gutes Recht, auch wenn möglicherweise die Mehrheit anders denkt.
Nicht nur, dass ihr mit Enteignung des für den Straßenbau benötigten Grundstücks
gedroht wird. Im Dorf hängen seit einigen Tagen großflächige Transparente, auf
denen sie namentlich attackiert wird. Diese Bürgerin wird damit an den
öffentlichen Pranger gestellt - und das im 21. Jahrhundert! Selbst im
Mittelalter wurden solche Methoden nur praktiziert, wenn jemand schlimmes
Unrecht begangen hatte. Ich finde, so etwas gehört sich nicht. Diese
Transparente sind nicht nur geschmacklos, sie sind unanständig. Sie sollten
deshalb schleunigst verschwinden und der Bürgermeister sollte sich schützend vor
diese Bürgerin stellen.
Helmut Haferkorn
Die Ruhe kehrt zurück
Mittelstreu (eh) Eine turbulente Bürgerversammlung war eigentlich nach den
heftigen Auseinandersetzungen um die geplante Umgehungsstraße in Mittelstreu zu
erwarten. Auch die Plakataktion hatte die Stimmung noch einmal angeheizt. Doch
hatten sich die Gemüter wohl inzwischen etwas beruhigt, denn die Zusammenkunft
verlief in einem sehr sachlichen Umgang miteinander.
Zunächst informierte Bürgermeister Stefan Ledermann über den aktuellen Stand der
Planungen. Der Kreisel sei wohl vom Tisch, es werden in erster Linie zwei
Entwürfe gehandelt, die sich in Details unterscheiden. Sobald der Architekt die
Pläne fertig gestellt hat, kann das Anhörungsverfahren beginnen, denn nachdem es
sich um eine vollkommen neue Variante handelt, muss die gesamte Prozedur
wiederholt werden. Die Pläne seien bereits mit der Regierung in Würzburg
abgesprochen. Auch die Finanzierung sei zugesagt. "Der Bürger muss keinen Cent
bezahlen", sagte Ledermann. Lediglich die Gemeinde sei mit einem bestimmten
Anteil an den Kosten beteiligt.
Allerdings stehe noch in den Sternen, ob das Vorhaben tatsächlich verwirklicht
werde, denn das gesamte Verfahren hänge an zwei Grundstücken, die bisher nicht
erworben werden konnten. In Richtung der Eigentümer zielte sein Appell, einem
Verkauf zuzustimmen, denn das sei jetzt eine einmalige Chance.
Als Alternative drohe, dass der Bund im Zuge des Ausbaus des Stücks zwischen
Mittel- und Oberstreu die Nepomukbrücke durch einen Neubau umgehen und dann der
Verkehr weiterhin durchs Dorf fahren wird.
Die Stimmung im Dorf scheint aber klar zu sein. Als Harald Schilk den Bau der
Entlastungsstraße forderte, signalisierten die Teilnehmer in der TSV-Halle
breite Zustimmung. Etwas an Brisanz gewann die Versammlung durch die Anwesenheit
des Würzburger Anwalts Wolfgang Baumann, der die Interessen einer
Grundstückseigentümerin vertritt. Er nahm zunächst Anstoß an der Plakataktion,
mit der seine Mandantin an den Pranger gestellt werde, weil sie namentlich
aufgeführt wird.
Vom Bürgermeister und auch weiteren Zuhörern ließ er sich aber zu keiner Aussage
hinreißen, wie er sich beziehungsweise seine Mandantin weiter verhalten werde.
Er werde den neuen Entwurf prüfen und dann eine entsprechende Lösung anbieten.
Bernd Sauer fasste diesen Hinweis als "weitere Verzögerungstaktik" auf.
Sabine Schmitt wollte von Ledermann Hintergründe der Plakataktion wissen. Sie
deutete an, dass er Unterlagen hat einsehen lassen, was dann dazu führte, dass
der Name auf den Plakaten erscheinen konnte. Ledermann beteuerte jedoch, dass er
sich nach Auskunft der Rechtsaufsicht im Landratsamt keines Fehlers schuldig
gemacht habe.
Ingmar Klöhr, Sprecher der Bürgerinitiative "Pro Entlastungsstraße", war der
Ansicht, dass die beiden Grundstücke nicht unbedingt benötigt werden würden.
Ledermann erwiderte dagegen, dass ihm der Planer das Gegenteil gesagt habe. Er
wolle aber trotzdem noch einmal diesen Hinweis prüfen lassen.
Dickes Plus auf dem Sparbuch wiegt die Pro-Kopf-Verschuldung auf
Nur als Vorspiel betrachtete wohl jeder Teilnehmer der Bürgerversammlung in
Mittelstreu den Jahresbericht von Bürgermeister Stefan Ledermann. Denn das
eigentliche Thema des Abends war sicherlich die Diskussion über die
Entlastungsstraße (siehe Bericht oben).
Aber auch andere Dinge aus dem Kommunalgeschehen hatten das Forum dieses
Bürgertreffs durchaus verdient, wie aus den Ausführungen des Bürgermeisters
ersichtlich wurden.
Das wichtigste Ereignis dürfte der Bau der Kläranlage in Heustreu sein, an die
auch Mittelstreu angeschlossen wird. Die Anlage sei bis auf einen kleinen Betrag
bezahlt und auch die Bürger hätten nahezu vollständig ihre Beiträge entrichtet,
so Ledermann. Jetzt geht es weiter mit dem Umbau der jetzt überflüssigen Anlage
in Mittelstreu. In der Einrichtung wird ein Pumpwerk eingebaut, und weitere
Umbauarbeiten werden noch heuer vorgenommen, kündigte Ledermann an. Teile der
Anlage sollen wieder verwendet werden.
In Angriff genommen werden sollen auch die Arbeiten für den nächsten Abschnitt
am Friedhof. Geplant sei auch, die Bahnunterführung zum Neubaugebiet zu
vergrößern. Außerdem gab Ledermann Auskunft über die Arbeiten am Wald und fasste
die Aktivitäten des Gemeinderats zusammen.
Die Punktlandung
Die Finanzübersicht trug VG-Geschäftsstellenleiter Peter Schmitt vor. Er konnte
den Teilnehmern eine recht erfreuliche Entwicklung der Einkünfte der Gemeinde
mitteilen. Der Gesamtetat am Jahresende mit einem Volumen von 3,15 Millionen
Euro ist zwar gegenüber dem Ansatz um rund 400 000 Euro niedriger ausgefallen,
denn mehrere geplante Vorhaben wurden nicht realisiert. Erfreulich für die
Kommune und ihre Bürger: Die Finanzkraft der Gemeinde hat sich deutlich
verbessert. Dafür verantwortlich ist zum Beispiel ein um 50 000 Euro höheres
Aufkommen bei der Gewerbesteuer. Außerdem fielen eine Reihe von Ausgaben
niedriger als vorgesehen aus. Die Schlüsselzuweisungen mit 470 000 Euro und der
Anteil an der Einkommensteuer mit 420 000 Euro waren hingegen nahezu eine
"Punktlandung".
Durch die unerwarteten Einkünfte stieg auch die Freie Finanzspanne - der
Überschuss, der für Investitionen eingesetzt werden kann - erheblich an und
liegt nun fast dreimal so hoch als ursprünglich errechnet bei etwa 330 000 Euro.
Die Verschuldung liegt zwar bei einem Pro-Kopf-Betrag von 766 Euro und damit
über dem Landesdurchschnitt, doch Sorgen müsse sich die Gemeinde deswegen nicht
machen. Denn die Gemeinde hat rund 1,5 Millionen Euro auf dem Sparbuch, die den
Schuldenstand mehr als aufwiegen.