Schon in der Jungsteinzeit besiedelt
Walter Jahn von der archäologischen Arbeitsgruppe im Landkreis erläuterte den
Mitgliedern des Oberstreuer Seniorenkreises an einem Nachmittag detailliert die
Ausgrabungen in der Oberstreuer Flur. An Hand zahlreicher Dias veranschaulichte
er auf unterhaltsame und informative Weise die Vorgehensweise und vor allem die
Interpretation bei Funden.
Bis in die Zeit um 5000 vor Christus habe man in den vergangenen 30 Jahren Funde
gemacht. Gerade um Oberstreu häuften sich solche archäologische Fundstätten,
führte der Experte aus. Schwarze Erdverfärbungen nahe des ehemaligen
Bahnwärterhäuschens sowie verzierte Scheiben eines vermutlich großen Topfes
wiesen etwa auf Siedlungen in der Jungsteinzeit hin. Die bandartigen
Verzierungen gaben dem ansonsten unbekannten Volk der Bandkeramiker ihren Namen,
erläuterte er Forschungsgebaren.
In bescheidenem Maße war schon in dieser frühen Zeit eine Art Textilproduktion
vorhanden. Das belegen Funde im Streu- und Bahratal. Dort hat man Äxte und Teile
einer Handspindel gefunden. Die Bandkeramiker suchten Lösboden zur
Feldbestellung und zum Hausbau. "Eigentlich waren sie uns in ihren Gewohnheiten
nicht unähnlich", verglich Jahn. Hausbau, Viehzucht oder Ackerbau waren schon
vor 7000 Jahren erprobt zum Lebensunterhalt.
Die jüngste Forschungsstelle mit bandkeramischen Funden in Unterfranken befindet
sich auf dem Höhenzug zwischen Sondheim/Grabfeld und Roßrieth. Entdeckt wurde
sie durch den Bau der A 71. Die Autobahnmeisterei hat die Grabungen in die
Planung integriert. Dies geschah weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit.
Die dort entdeckten Pfostengruben ließen aus dem Plan des ehemaligen Dorfes "wie
aus einer Chronik lesen", so Jahn.
Eine Illustration aus einem Schulbuch übertrug Jahn anschaulich auf Oberstreu,
wie es früher aussah. Am Streuverlauf, an der B 19 und der künftigen Autobahn
lebten ehemals Menschen, die Hunde besaßen, Schwein und Rind domestizierten und
Häuser bauten.
Auf dem Schirber-Hof wurden einst 30 Gruben aus der Kultur 5500 bis 4500 Jahren
vor Christus entdeckt. Werkzeuge und Keramiksplitter zeugten von einer
Besiedelung zu verschiedenen Zeiten. 1950 fand Josef Müller ein kleines,
schalenförmiges Gefäß. Ob dies zufällig oder als Grabbeigabe dorthin gekommen
war, sei aber reine Spekulation.
Fest steht, dass je nach sozialer Stellung und Vermögen Schalen in das Grab
beigegeben wurden. "Der Hallstatt-Mensch schätzte das Festmahl und war gern
Gastgeber", veranschaulichte der Hobby-Archäologe. Die Hallstatt-Epoche fand
sich auch an einer Ausgrabungsstätte östlich der B 19 wieder. "Wie ein
Abfallhaufen aus der Küche" habe ausgesehen, auf was man stieß. Einzelne
Keramikscherben konnten wieder zur Schale zusammen gesetzt werden.
Eine schwarze Verfärbung, umrahmt von rot gebranntem Lehm, wird als Rest eines
Eisenschmelzofens gesehen. Feuerrückstände wie Holzkohle und Lehm ließen auf die
nicht abwegige Theorie schließen. Etwa 800 vor Christus begann die Eisenzeit,
die schnell eine "ziemliche Perfektion erlangt" habe.
Typisch für die Region seien schließlich Vogel- und Trennwandschalen gewesen. Ob
mit der durch eine Trennwand geteilten Schale das Leben und der Tod symbolisiert
werden sollten, darüber stellte Jahn wiederum nur Vermutungen an. Manche Schale
war mit Vögeln am Schalenrand und auf der Wand verziert, diese Deko gab ihr
ihren Namen.