EU-Recht führt zu unliebsamer Verzögerung
Die grundsätzlichen Ausführungen von Landrat Thomas Habermann zum Thema
"Entlastungsstraße" brachten vor allem in rechtlicher und verfahresrechtlicher
Hinsicht ein wenig Klarheit in den Wirrwarr der landes-, bundes- und
europarechtlichen Bestimmungen.
Landrat Thomas Habermann eröffnete in der Bürgerversammlung sein Referat mit dem
Hinweis, dass in der hiesigen Region zwei ganz wichtige Straßenbauvorhaben in
der Planung sind, und zwar die Ortsumgehung von Wollbach und die
Entlastungsstraße in Mittelstreu. Der Gemeinderat habe sich für die
Entlastungsstraße ausgesprochen. Diese Entscheidung hat nach den Worten des
Kreischefs auch für das Landratsamt eine bindende demokratische Legitimation und
gebietet der Unteren Verwaltungsbehörde, die Gemeinde bei der Verwirklichung
dieses Vorhabens zu unterstützen.
Er, Habermann, unterstütze das Vorhaben von Anfang an uneingeschränkt und habe
schon wenige Wochen nach seinem Amtsantritt zu diesem Projekt in Würzburg
vorgesprochen. Auch habe er persönlich zwei Mal mit der Anliegerin, die sich
bislang als einzige verweigert, verhandelt. Sie sei jedoch nicht bereit gewesen,
den benötigten Grundstücksstreifen zu veräußern.
Der Landrat ist doch aktiv
Zu allem Überfluss stellte sich dann noch die von außen aufgezwungene
Naturschutzproblematik in den Raum, so Habermann, die man nicht wollte.
Deshalb sei ausgelotet worden, wie weit der Ermessensspielraum im Rahmen der
gesetzlichen Möglichkeiten ausgereizt werden könne. Im vergangenen Sommer habe
ihm, Habermann, dann eine Abordnung aus Mittelstreu mitgeteilt, dass im Dorf
behauptet wird, "der Landrat tue nichts". Tatsächlich sei die Gemeinde
keinesfalls untätig gewesen, und auch er nicht. Ende 2004 habe man bei einem
ausführlichen Gespräch von Seiten der Regierung von Unterfranken darauf
hingewiesen, dass nach jetzigem Stand der Dinge eine Genehmigung versagt werden
müsse, weil die rechtlichen Vorgaben in Bezug auf den Naturschutz nicht
eingehalten wurden.
Da die Wahrscheinlichkeit einer Klage seitens der Naturschützer groß war, wurde
dringend geraten, die Planung zu vervollständigen und sie hieb- und stichfest zu
machen. Nach den FFH-Richtlinien darf ein Zustand nicht verändert werden. Davon
gibt es Ausnahmen, so der Landrat, wenn man nachweist, dass alles Für und Wider
sorgsam abgewogen wurde. Deshalb musste die Gemeinde bei den Untersuchungen
nachlegen.
Keine Verzögerungstaktik
Weder der Landkreis noch die Regierung wollen das Verfahren verzögern,
versicherte Habermann, sondern vielmehr der Gemeinde helfen und sie vor
voreiligen Entscheidungen schützen.
Zusammenfassend müsse festgestellt werden, dass die Gemeinde das Verfahren
intensiv betrieben habe, doch wäre ein Vorpreschen nach dem Sachstand von 2004
zu risikoreich gewesen. Deshalb sei weiterhin Geduld angesagt. Leider gebe es in
diesen Fragen noch keine einschlägige Rechtsprechung und keine Richtlinien, wie
lange die Untersuchungen laufen müssen und wie umfangreich ein diesbezügliches
Gutachten sein muss. Man könne deshalb nur hoffen, dass man bis Sommer die
Untersuchungen unter Dach und Fach habe, schloss der Kreischef seine
Ausführungen.
Landschaftsarchitekt Michael Mock nahm ebenfalls zu der ganzen Problematik
Stellung. Nach Landes- und Bundesrecht wäre man jetzt so weit, dass die
Genehmigung erteilt werden könne. Nun müsse man "die Bestimmungen des uns
übergestülpten EU-Rechtes beachten und das Erträglichkeitsgutachten abwarten".
"Heißes Eisen" Entlastungsstraße
Es ist der Dauerbrenner in der Gemeinde - das Thema Entlastungsstraße. Das wurde
einmal mehr in der gut besuchten Bürgerversammlung im TSV-Heim deutlich.
Bürgermeister Stefan Ledermann erhielt von "höherer Seite" Unterstützung, denn
als Gast des Bürgerforums bekannte sich Landrat Thomas Habermann zu dem Projekt
(siehe nebenstehender Kasten), das von der Mehrheit der Mittelstreuer vehement
gefordert wird.
Zunächst gab Bürgermeister Ledermann eine Zusammenfassung des derzeitigen
Sachstandes. Insbesondere erläuterte er anhand von Bildmaterial nochmals die
bereits mehrfach der Öffentlichkeit vorgestellte geänderte Trassenführung der
geplanten Entlastungsstraße. Es entfällt also der ursprünglich angedachte
Kreisel, für die Bewohner der Riethe wird eine Unterführung durch die
Entlastungsstraße geschaffen und die Fußgängerbrücke über die Streu wird neu
konzipiert. Ein kostenaufwendiger Brückenneubau entfällt, da die vorhandene
Nepomukbrücke für die Ortsanbindung ausreicht.
Die Trasse der Entlastungsstraße bindet neben dem Bahnkörper an, führt am Alten
Wasserwerk vorbei Richtung Unsleben und mündet im Bereich der
Ortsverbindungsstraße in die jetzige B 19 ein. An der unteren Streubrücke soll
mit einem weiteren Durchlass ein noch effektiverer Wasserdurchfluss, vor allem
bei Hochwasser, ermöglicht werden.
Mit Nachdruck verwahrte sich Bürgermeister Stefan Ledermann gegen Vorwürfe, er
bzw. der Gemeinderat hätten sich nicht energisch genug für den Beginn der
Baumaßnahme eingesetzt. In unzähligen Gesprächen und Telefonaten habe man sich
bemüht, das Projekt nach vorne zu bringen. Hinzu kamen ständig neue Vorschriften
für die FFH-Gebiete. In diesen Bereich fällt ein kleiner Teil der benötigten
Fläche. Von wasserschutzrechtlicher Seite gebe es keine Probleme, aber man müsse
nachweisen, ob in dem Bereich geschützte Pflanzen oder Tierarten (besonders
Fledermäuse, deren Sommer- und Winterquartier zu prüfen ist, und Schmetterlinge)
vorkommen bzw. ob durch die Baumaßnahme evtl. vorhandene geschützte Pflanzen und
Tierarten beeinträchtigt werden. Man habe nun entsprechende Gutachten in Auftrag
gegeben.
Als Zeitplanvorgabe geht man davon aus, dass die noch fehlenden gutachterlichen
Unterlagen bis Sommer vorliegen, dann kann der Flächennutzungsplan zur
Genehmigung vorgelegt und der Bebauungsplan in Kraft gesetzt sowie die
Finanzierung beantragt werden. Bis jetzt ist die Bereitstellung die Gelder bis
Ende 2006 zugesagt. Wenn alles gut läuft, könnte 2006 mit dem Bau begonnen
werden.
Mit Ausnahme einer kleinen Grundstücksfläche sind alle benötigten Grundstücke
aufgekauft. Sollte die Anliegerin, die den Verkauf verweigert und mit der man
weiterhin um ein Einvernehmen bemüht ist, trotz der vorliegenden positiven
Gutachten die Grundstücksfläche nicht verkaufen, wird laut Ledermann eine
Enteignung unumgänglich sein.
Mit Nachdruck wies der Bürgermeister darauf hin, dass auch die B 19 zwischen
Oberstreu und Mittelstreu erneuert und geringfügig verlegt wird, wobei die
jetzige Trasse als Geh- und Radweg ausgebaut werden soll, während die
Entlastungssstraße als Umleitungsstrecke für die in diesem Jahr fertig gestellte
A 71 gedacht ist. Sollte der Bau der Entlastungsstraße scheitern, wird vom
Straßenbauamt nach den Worten des Bürgermeisters eine neue Brücke im Bereich des
Gänserasens gebaut und der gesamte Verkehr rollt, wie bisher, weiter mitten
durch die Ortschaft.