Ex-Standortschießanlage soll
Schießsportzentrum werden
10.06.2007
Der Gemeinde Oberstreu bietet sich die einmalige Chance, eine Hinterlassenschaft
der Bundeswehr gewinnbringend zu vermarkten: Ein heimischer Investor plant, die
einstige Standortschießanlage in der Oberstreuer Flur zu einer weitläufigen
Schießanlage für Jäger und Sportschützen auszubauen.
Das bringt nicht nur Geld in die Kasse und neue Arbeitsplätze, auch der
Fremdenverkehr würde davon profitieren. Die Anlage soll nämlich einmalig in
Europa werden und Sportschützen und Waidmänner aus aller Herren Länder ins
Streutal locken.
Oberstreus Bürgermeister Stefan Ledermann und sein städtischer Amtskollege
Eberhard Streit machen aus ihrer Freude keinen Hehl: Die Mellrichstädter Firma
Helmut Hofmann will in der Gemeinde investieren und die Standortschießanlage in
der Flur Richtung Frickenhausen zu einem großen Schießsportzentrum ausbauen -
ähnlich der Anlage im thüringischen Suhl. "Die Offerte bietet die Möglichkeit,
die bestehenden Schießbahnen in der Folge adäquat zu nutzen, birgt aber auch die
Chance auf Prestige durch sportliche Erfolge und somit eine Aufwertung der
gesamten Region", verkünden Ledermann und Streit.
Bei der Suche nach einer Nachfolgenutzung für die heutige Hainberg-Anlage,
sprich die Kaserne und die weiteren Liegenschaften, habe sich schnell
herauskristallisiert, dass sich die Standortschießanlage mit ihren zwei
300-Meter-Bahnen trefflich als Trainingsmöglichkeit und Wettkampfschauplatz für
Sportschützen und Jäger anbietet.
Laut Helmut Hofmann soll bei Oberstreu eine in Europa einmalige Schießanlage mit
einem breit gefächerten Angebot von Schießsport über Jagd bis hin zu
Bogenschießen entstehen. Das Konzept lehnt sich nach seinen Worten an das
typisch englischer Country-Clubs an, wo Jäger und Schützen ihrem Hobby in einem
gepflegten Ambiente nachgehen können. Aber auch zur Ausbildung von Schützen und
Jägern, für die Aktiven der vielen Schützenvereine und Hegeringe in der Region,
könnte die Schießbahn ausgezeichnete Trainingsmöglichkeiten bieten.
Die Planung ist umfangreich: Neben der Nutzung der bestehenden Anlagen hat die
Firma den zusätzlichen Bau eines Jagdparcours und einer Übungsstätte für
Bogenschützen im Visier. Ein Trainingsgelände für Trap und Skeet vervollständigt
das Sportzentrum. Ein Clubhaus mit Bewirtung böte Raum für Geselligkeit, in
einem daran angeschlossenen Shop würde die passende Ausrüstung für die Sportler
und Jäger angeboten.
"Auch die ortsansässige Industrie, Firmen wie der Waffenhändler Hofmann und der
Waffenhersteller Weihrauch, würden von dem neuen Angebot profitieren", ist
Eberhard Streit sicher. Und fügt einen weiteren wichtigen Aspekt an: "Nicht
zuletzt könnte es sich für den Standorterhalt des Beschussamts in Mellrichstadt
günstig auswirken, wenn die Fahnen des Schießsports in der Region noch höher
gehalten werden."
Standortschießanlage im Sinne der Gemeinden
Dass gerade die Mellrichstädter Firma Hofmann Interesse am Kauf der
Standortschießanlage angemeldet hat, ist für Stefan Ledermann ein großes Plus.
"Der Investor ist als Geschäftsmann im hiesigen Raum bekannt und hat in den USA
bereits Erfahrung beim Bau ähnlicher Anlagen gesammelt", zeigt er als Vorteile
auf.
Zudem sind beide Bürgermeister sicher, dass das geplante Zentrum im Sinne von
Gemeinde und Stadt betrieben werden würde. "Die Bundeswehr-Schießanlage auf vier
Hektar Fläche steht nun einmal zum Verkauf", so Streit. "Bevor ein auswärtiger
Investor auf den Plan tritt, der möglicherweise Vorstellungen von der Nutzung
hat, die für Unbehagen bei der Gemeinde sorgen, bietet sich bei der vorliegenden
Planung genug Raum, dafür zu sorgen, dass die Interessen der Bürger gewahrt
werden", streicht Ledermann heraus.
Neben dem Schießstand ist ein in die Natur eingebundener Jagdparcours geplant,
wo - der Jagd nachempfunden - mit Schrot auf Tontauben geschossen wird. Etwa 40
Hektar Wald sind erforderlich, um solch einen Rundweg zu errichten. "Das
anvisierte Gebiet würde in den Bereich Körperschaftswald fallen", informiert
Ledermann. Angestrebt wird wohl ein Pachtvertrag über 20 Jahre, finanzielle
Nachteile müssten die Waldbesitzer nicht befürchten. "Die Holznutzung wird kaum
beeinträchtigt, für eine Wertminderung würde es Ausgleichszahlungen geben",
verkündet das Ortsoberhaupt. Bereits Ende April, als die Anfrage der Firma
vorlag, hatte er die Waldbesitzer, die Jagdgenossen und die Gemeinderäte
informiert, um die Bürger gleich zu Beginn an dieser für die Gemeinde
erfreulichen Entwicklung teilhaben zu lassen.
Dass ihre ländliche Idylle gestört wird, müssen die Oberstreuer Bürger nicht
fürchten, versichert Ledermann. Die einzige Lärmbelästigung, die überhaupt
möglich wäre, würde von der Kugelbahn ausgehen, so Helmut Hofmann. Der Investor
plant, vor Inbetriebnahme der Anlage eine weitere Dämmungswand zu errichten,
sodass am Ortsrand kein Krach zu hören sein wird.
Nicht so viel Krach wie früher
Im Gegensatz zu früher: "Das Schießen von Einzelschützen auf dieser Anlage lässt
sich nicht mit den Aktivitäten der Bundeswehr vergleichen, die auch nachts mit
Panzern zur Gefechtsübung ausgerückt sind und entsprechend Krach gemacht haben",
sagt der Bürgermeister. Freuen sollten sich die Oberstreuer vielmehr auf die zu
erwartenden Einnahmen und den Bekanntheitsgrad, den der Ort durch das neue
Schießsportzentrum verbuchen könnte. Der Investor rechnet mit rund 20 000
Besuchern jährlich. Gewerbesteuer-Einnahmen könnten das Gemeindesäckel füllen,
neue Arbeitsplätze würden geschaffen.
Die Auswirkungen, die ein Bekanntheitsgrad der Region bei Sportschützen aus ganz
Deutschland haben könnte, sind laut Eberhard Streit auch nicht zu unterschätzen.
Örtliche Pensionen und Hotels können hier nur profitieren, der Fremdenverkehr
vom Streutal bis in die Rhön hinauf zulegen.
"Der Wirtschaftsfaktor muss klar in den Vordergrund gestellt werden", gibt er
als Maßgabe aus. Denn: "Hier bietet sich uns eine einmalige Gelegenheit zur
Aufwertung der ganzen Region, die wir uns nicht entgehen lassen dürfen", werben
die Bürgermeister für Akzeptanz in der Bevölkerung. Zumal sich auch keine
Alternativen für die Nachnutzung der Standortschießanlage anbieten.
Auch der Landkreis stehe den Plänen aufgeschlossen gegenüber, sagt Streit,
schließlich könnte in Oberstreu eine gelungene Verbindung zum Biosphärenreservat
Rhön hergestellt werden. In einer Machbarkeitsstudie, die von Landrat Thomas
Habermann und der Regierung von Unterfranken vorangetrieben wird, wird derzeit
geprüft, ob auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz südlich der Frickenhäuser
Straße ein Wildgehege eingerichtet werden kann. Ein schlüssiges Gesamtkonzept
für Sportschützen, die zu Wettbewerben mit ihrer Familie anreisen, im Streutal
übernachten und bestenfalls die Naturschönheiten der Rhön schätzen lernen, um
gerne auch einmal als Urlauber wiederzukommen.
Derzeit werden die Pläne der Firma Hofmann zur Erweiterung der ehemaligen
Standortschießanlage am Landratsamt geprüft, dabei Vorschriften zu Naturschutz,
Emission, Lärm und Sicherheit abgeklopft. Wenn die Gutachten grünes Licht für
das Vorhaben geben, will der Investor schnell konkrete Pläne vorlegen und das
Projekt entsprechend zügig realisieren.