Gesuch eines Bauern
02.06.2007
Ein Oberstreuer Bauer, der glaubt, daß ihn seine lieben Mitbürger an den
Bettelstab bringen wollen, wendet sich um Hilfe an seinen Landesherren. Das
Gesuch ist weniger seiner Sache, als seiner Form nach für uns interessant.
Die Anschrift:
Ihre Hochfürstlichen Gnaden
Herrn Herrn Franz Ludwig
Bischof zu Bamberg und Würzburg
auch Herzog in Franken
Als Betreff steht:
Meinen gnädigsten Fürsten
und Herrn Herrn
unterthänigste fußfällige Bitte
Johann Streit Mitnachbar
Oberstreu Amts Mellrichstadt
um
gnädigsten Befehl, mit dem Concurs bis zur gehörigen Untersuchung
inne zu halten.
Hochwürdiger Reichsfürst,
gnädigster Fürst und Herr Herr!
Euer Hochfürstlichen Gnaden geruhen gnädigst, Sich unterthänigst fürtragen zu
lassen, welcher Gestalt mein Vater seel. Weniger Gütter mit darauf haftrnden
Schulden für bereits 19 Jahren hinterlassen. Ich also solche zu übernehmen mich
geweigert und auf den Concurs angetragen, welcher denn auch bey der Gemeinde
ausgebotten worden, in Ermangelung einiger Käuffer aber von dem Hochfürstlichen
Amte dahir angehalten worden, diese Gütter gegen den Lohn anbauen zu übernehmen,
wobey aber dieser Umstand mit fürgakommen, daß mein Vater seel. Verschiedene
Grundstücke um halbes Geld versetztet, auch dir Innhaber solche bis daher noch
besitzen und so ist die Lage anher verblieben und nun, da ich vor 4 Jahren mit
dem Gichte behaftet und völlig lahm geworden, dabei aber 7 unerzogene Kinder,
wovon die älteste 14 Jahre, das jüngste aber 7 Monate alt ist, am Leben habe,
mich vermüßiget gesehen, einige Schulden, besonders aber mit auswärtigen Juden
zu contrahieren, wo denn der damalige Schultheis und seine Befreunde die obig
versetzten Gütter in Besitz haben und nicht wiederum zurückstellen wollen, es
dahin getrieben, daß ich nicht nun allein meines Vater seel., sondern auch meine
Schulden, welche letztere, ohne solche zu untersuchen, weit höher angesetzt als
sie in der That sind, meine Güttef aber weit geringer, als der wahre Wert
taxieret worden und zwar erstere widerrechtlich, da ich nichts vererbet und
diese Gütter nicht übernommen. Bezahlen sollte, somit der wirkliche Concurs
erkannt worden, auch zu dem Ende meine Hausmobilien, Früchte, Fütterung und
Vieh, ohne es vorher bekannt zu machen bereits um den halben Werth und unter
anderen 2 Fuder Heu für 9 1/2 Gulden, das Maaß Wicken für 18 Kreuzer und ein
Paar Stier für 36 Thaler verauctioniert worden.
Gleichwie nun aber, wenn mit den Güttern auch also so verfahren und um den
halben Werth hingeschleudert werden sollten, ich und meine armen, unerzogenen
Kinder freylich ruinieret und mit Gewalt zum Bettelstab gebracht würden, da noch
mein Vermögen, wenn es nach dem wahren Werth taxieret und die Schulden gehörig
untersucht würden, ein merkliches übersteigt, wenn auch die Schulden meines
Vaters, welche ich doch von Gott und Rechts wegen nicht schuldig, mitbzahlet
werden sollten.
An Euer Hochfürst. Gnaden gelanget daher mein unterthänigstes, fußfälliges
Bitten, Hö#hstdieselben gnädigst geruhen möchten, den Befehl dahin zu erteilen,
mit den Concurs noch zur Zeit in en zu halten und die Schulden erst gehörig zu
untersuchen, da sogar bey der un hristlichen Auction sich Juden dahin erkläret,
wie es nicht recht sey, einen Mann mit so vielen Kindern also zu ruinieren, sie
seyen bereit, ihre Schulden fristenweise zu nehmen, für diese höchste Gnade
werden meine Kinder mit mir den höchsten Gott anflehen und zeitlebens in
tiefster Erniederung verharren.
Euer Hochfürst. Gnaden
unterthänigster gehorsamster
Johannes Streit, Mitnachbar
zu Oberstreu Amts Mellrichstadt
Das Original dieses Schreibens ist im Archiv aufbewahrt.