Bericht von Michael May, Gemeindediener
"Ende März 1945 näherte sich die feindliche Front. Wir hörten
Artillerieschießen, dachten aber, es wäre noch unsere Flak. Es kamen in dieser
Zeit auch schon die ersten deutschen Truppen und bereiteten Stellungen vor.
(Panzerlöcher) Ungefähr 20 Mann brachten 2 Zehnergeschütze. Sie wurden im Hof
von Anna Mock untergestellt und am nächsten Tag eines gegen Mellrichstadt und
eines gegen Bahra aufgestellt, am Bahnhof und an der Dorfmühle".
Kurz bevor die Amerikaner kamen: Mit den Jabos (Jagdbomber) er Feinde war es
so schlimm, daß selbst der einzelne Mann auf der Straße oder auf dem Feld aus
der Luft beschossen wurde. Einmal warf ein Jabo einen Bombe auf einen Güterzug,
der aus dem Bahnhof Mellrichstadt unter dem Eyersberg Schutz gesucht hatte. Der
Lokführer wurde getötet, der Heizer schwer verletzt und ein Wagen völlig
zerstört.
Am Ostermontag drangen die Amerikaner in Thüringen ein und beschossen Mellrichstadt. Die hier anwesenden deutschen Soldaten beschlagnahmten Autos und Pferde. Einige Bauern mußten Munition vom Dorf an die Mönchshöhe fahren, wo eine Stellung am langen Rain vorbereitet war. Der Müller Bieber mußte mit seinem Gespann Munition bis nach Waltershausen fahren. Ein andermal wurden seine Pferde beschlagnahmt.
Er fand sie nach 10 Tagen in einem Stall in Wargolshausen wieder. Die
Befehlsstelle für die Abwehrstellungen am langen Rain wat in der Kapelle auf dem
Stationsberg. Durch ein Fenster, das zum Teil eingeschlagen wurde, (nach Süden
zu) waren die Soldaten eingedrungen. Ein Aufklärungsflieger merkte das und die
Stellung würde von der Sandgrube Streck aus, wo amerikanische Panzer standen,
beschossen. Die zusammen gewürfelten deutschen Soldaten setzten sich gegen Bahra
zu ab. Als wir die verlassene Stellung absuchten, fanden wir einen gefallenen
Soldaten ohne Soldbuch. Aus seinem Entlassungsschein aus dem Militärgefängnis
Wildflecken konnten wir sehen, dass er Walter Sousa hieß und aus Oberschlesien
stammte. Er wurde auf dem hiesigen Friedhof begraben und später Auf den
Soldatenfriedhof in Gemünden übergeführt.
Am Samstag, 7.4., waren 2 Panzer gekommen. Der eine ging da, wo das Lagerhaus steht (stand an der Eisenbahnlinie), Richtung Mellrichstadt in Stellung, der andere auf der Straße nach Frickenhausen. Die umliegenden Häuser, Lörzel, Wütscher und Ledermann mußten geräumt werden, weil mit Beschuß gerechnet wurde. Am Abend wurde Gott sei Dank die Panzer der Kampftruppe Celeve abgerufen und fuhren Richtung Bahra fort.
Im Dorf wurden allerlei Sicherheitsvorkehrungen getroffen, z.B. die
Feuerlöschgeräte auf verschiedene Stellen im Dorf verteilt, die Einwohner
verluden wichtige landwirtschaftliche Geräte auf Wagen und stellten diese auf
freie Plätze, vergruben Lebensmittel und Kleidungsstücke. Die Angst vor dem
Kommenden stand auf allen Gesichtern zu lesen.
Am Samstag, 7.4., wurde dann Mellrichstadt nach mehrstündigen Kampf besetzt.
Dabei kam ein Mann ums Leben und eine Scheune brannte ab. Hier wurden
Panzersperren errichtet, auf der Mellrichstädter - und der Bahrastraße an der
Brücke. Für die letzte an der Frickenhäuser Straße waren schon die Männer
bestimmt, aber es kam nicht mehr dazu. 3/4 m tiefe Gräben wurden angelegt und
Stämmen eingerammt.
Im Auftrage von Bürgermeister Reß hißte ich zusammen mit Richard Lörzel und
Ambros Ullrich, der die Bettücher stellte, auf dem Turm 2 weiße Fahnen, eine
gegen Osten, eine gegen Westen.
Am Sonntag also, nach dem Weißen Sonntag, die Erstkommunion der Kinder war
ausgefallen, kam eine amerikanische Vorausabteilung mit 1 Panzer und 3 Jeep von
Frickenhausen herüber. Alle Gebäude des Dorfes wurden durchsucht. Später kam das
Gro, 30 Panzer, 50-60 Fahrzeuge und ungefähr 500 Mann. Sie bezogen Quartier am
Holzweg, in der Klinde und auf der Brückenwiese. Das Bahngebäudd (Teichmann),
die Häuser von Lörzel, Wütscher und Ledermann, das Schulhaus, das von Otto
Schmitt und die Dorfmühle mußten geräumt werden und die Amerikaner zogen ein.
Alle Fotoapparate und Schußwaffen mußten abgeliefert werden. Den Einwohnern
geschah nichts, weil sich der Kriegsgefangene, der Australier Thomas, der lange
bei Monika Fuchs gearbeitet hatte, sich für alle eingesetzt hat. Die Sperrstunde
war erst um 7 Uhr, damm um 9 und zuletzt um 11 Uhr.
Am Mittwochmorgen zogen die Amerikaner ab. Nachdem das Feld nach weggeworfenen Waffen und Munition abgesucht worden war, konnte die Feldarbeit wieder aufgenommen werden, und die geräumten Häuser wurden wieder bezogen. Es gab allerdings wochenlang keinen Strom und der Bahnbetrieb war lange Zeit lahmgelegt. Die ausgefallene Erstkommunion der Kinder war am Sonntagnachmittag, als die Amerikaner noch da waren.